Heute bezieht sich hier auf den 7. Oktober. Ich bin leider nicht dazu gekommen, das zeitnah zu posten.
Heute früh 10.15 Uhr hatte ich mein Telefoninterview mit Maxim, einem Ingenieur bei Google in Zürich. Es geht um die Bewerbung für ein Praktikum, angeschrieben hatte mich vor sechs Wochen ein Recruiter, der wissen wollte, ob ich denn Interesse an Jobangeboten bei genanntem Unternehmen hätte. Definitiv.
Ich sitze also ab 10 Uhr angespannt da. Kurz vorher habe ich nochmal in das "Algorithmen und Datenstrukturen"-Skript geschaut, damit Basiswissen wie Quicksort nicht daneben geht, das wäre etwas arm.
Eine oder vielleicht zwei Minuten nach der angesetzten Zeit klingelt das Telefon. Ich hole Luft, nehme nach dem zweiten Klingeln ab. "Hi, this is Maxim, you should be expecting my call. Got 45 minutes for this? Good. Any questions or difficulties, just ask me whenever you feel like it. Let's start."
An dieser Stelle meint er noch, ich solle Bescheid sagen, wenn ich die Antwort auf seine Fragen schon irgendwo gelesen hätte. Dann würde er andere stellen. Google macht also tatsächlich kein Quiz, sondern möchte mir beim Denken zuhören.
Einhundert Ameisen sitzen zufällig verteilt auf einem Stock, der einen Meter lang ist.
Okay.
Ameisen laufen einen Meter in der Minute, wenn sie aneinander stoßen drehen sie um, wenn sie am Ende des Stocks ankommen fallen sie herunter.
Ähm ...
Wann sind alle Ameisen vom Stock gefallen?
Wha...?
Die nächsten fünf oder sechs Minuten verstricke ich mich etwas, betrachte das Problem erst einmal für die Ameisen am Rand. Meine dann, eine obere Schranke wären trivialerweise 50 Minuten, aber er wolle sicher noch eine kleinere Zahl hören. Ich ärgere mich darüber, dass ich mich beim Reden außerdem häufig wiederhole, wenn ich ihm meine Ansätze erläutern will.
Ein wenig angestrengt ergeht von Maxim der Hinweis, ich solle einmal betrachten, wie die Kollision zwischen zwei einzelnen Ameisen überhaupt aussieht. Kann ich die zwei bei diesem Vorgang unterscheiden. Ja? Muss ich das? Nein, aber ...
AHA!
"Kann es sein, dass alle Ameisen nach einer Minute runtergefallen sind?"
Pause. "That's correct." Pause. "Let's do some coding, shall we?"
Den Rest des Interviews verbringe ich damit, erst eine Funktion zu schreiben, die einen String umdreht und dann eine andere, die unter Verwendung der ersten die Wörter in einem Satz in ihrer Reihenfolge umdreht. Ich mache dabei zwar keine blöden Fehler, der Fakt, dass im Gespräch über meine Überlegungen keine zu langen Pausen entstehen sollten, setzt mich aber enorm unter Druck. Es ist eine Sache, wenn einem jemand beim Programmieren über die Schulter schaut, die ganze Zeit beim Denken noch irgendwas zu erzählen, nicht in der eigenen Muttersprache, eine völlig andere.
Maxim meint immer wieder, ich solle mir nicht soviele Gedanken machen, es geht um die Erfahrung und darum, Spaß zu haben. Als am Ende für eine Designfrage kaum noch Zeit bleibt und ich da auch nicht wirklich Land sehe, gehe ich aber fest von einer Absage aus.
Am Abend danach trudelt die Email ein, dass ich doch bitte Termine für das nächste Interview angeben solle, man möchte mit dem Bewerbungsprozess fortfahren ...